Wie der Ebnisee entstand
Trotzdem lohnt es, sich ein paar Gedanken über die Geschichte des Sees zu machen. Sie führen uns in eine noch gar nicht so lange zurückliegende Vergangenheit, als das Leben für die Menschen im Schwäbischen Wald noch rau und beschwerlich war.
Karte: Ebnisee
Holznot in Stuttgart und Ludwigsburg
Holz war
lange Zeit der wichtigste Rohstoff überhaupt. Man brauchte ihn
zum heizen und bauen. Keine warme Mahlzeit und keine warme
Hütte im Winter ohne Holz. Heute wie damals ist es das
gleiche: dort wo in den Städten viele Menschen zusammenkommen,
werden die meisten Rohstoffe benötigt. Während heute der
Tanklastwagen das Öl aus fernen Ländern zu uns bringt,
musste früher das Holz aus Regionen herbeigeschafft werden,
die zwar nicht ganz so weit weg waren, aber auch nicht mehr um die
Ecke lagen. Jahrhundertelang hatte man Raubbau an den Wäldern
getrieben, und so wurde der Wald um die Ballungsräume immer
lichter, bis er mehr oder weniger ganz verschwand. In abgelegenen
Regionen wie dem Schwäbisch Fränkischen Wald, dünn
besiedelt und im Grunde nur mit Waldreichtum gesegnet, sah die Welt
noch anders aus.
Im 18. Jahrhundert nun wuchs der Brennholzbedarf der Städte
Ludwigsburg und Stuttgart immer weiter an. Zum einen weil die
Bevölkerung zunahm, zum anderen weil die herzögliche
Hofhaltung ihren Tribut verlangte. Gleichzeitig waren die
Wälder der näheren Umgebung ausgeräumt. Es war nicht
mehr genug zu holen, um den Bedarf der Bevölkerung zu
decken.
Probleme beim Holztransport
Wie aber nun das Holz vom Ort der Entstehung in diese Orte
bringen? Das überall brauchbare Wege vorhanden sind, das ist
ein Privileg unserer Zeit. Aber selbst wenn es bereits gute
Erschließungen gegeben hätte, die Menge des Holzes war
über Fuhrkarren sicherlich nur schwer wenn überhaupt zu
liefern. Die Eisenbahn existierte zu dieser Zeit noch nicht.
Lange Zeit waren Wasserstraßen die wichtigsten Transportwege.
Es lag also nahe, auch das Holz über diesen Weg an seinen
Bestimmungsort zu bringen. Holz zu flößen war eine
bekannte und weithin praktizierte Möglichkeit, den Transport
zu bewerkstelligen.
Schauen wir uns im Naturpark ein wenig um, dann stellen wir zwar
eine Menge Bachläufe fest, aber auch dem unbedarften
Beobachter ist schnell klar, das es nicht damit getan sein kann das
Holz einfach ins Wasser zu werfen, es mit guten Wünschen zu
versehen und das Beste zu hoffen. Es gab da ein rein praktisches
Problem. Die meisten Bäche oder kleinen Flüsse
führten schlicht zu wenig Wasser.
Die Lösung war
andererseits denkbar einfach: Staute man an geeigneter Stelle einen
Bach und ließ das Wasser zum passenden Zeitpunkt
abfließen, so konnte das Holz in dem entstehenden Schwall
mitgerissen und zu Tal befördert werden.
Halten wir uns das Bild vor Augen, wie man es ggf. aus der ein oder
anderen touristischen Vorführung aus dem Schwarzwald kennt, wo
lange Stämme im Wasser liegen, Männer auf ihnen
herumkrabbeln und diese Flöße beisammen halten bis sie
ihren Bestimmungsort erreicht haben. Unschwer erkennt man, das
für Langholz breitere Flüsse notwendig sind, damit das
Holz fließen kann, ohne irgendwo zu verkanten und einen Stau
zu generieren. Wieder fragen wir uns, wo hätte das im
Schwäbisch Fränkischen Wald möglich sein sollen?
Mit der oben beschriebenen Methode war der Transport von Langholz
also nicht möglich. Werfen Sie einen Blick in die
Wieslaufschlucht: selbst wenn hier der Wasserstand deutlich
höher gewesen wäre, wie hätte das Langholz
vernünftig zu Tal gebracht werden sollen? Nein, was hier
transportiert wurde war Scheitholz - ausschließlich für
den Brennholzbedarf und mithin deutlich zurechtgestutzt. Im Raum
des Naturparks wurde daher eine andere Art der Flößerei
betrieben - nämlich die ohne Flöße.
Der Ebnisee entsteht
Wie also sollte das Holz aus dem Welzheimer Wald seinen Weg nach Ludwigsburg oder Stuttgart finden? Der Ebnisee bot sich an - aber halt, den gab es ja noch nicht. Das Holz sollte also die Wieslauf runter zur Rems geflößt werden. Das Wasser reichte dafür aber wie wir gesehen haben nicht aus. Was war die Lösung? Man staute den Sommerbach - et voíla der Ebnisee war geboren, Geburtsjahr 1745/46.
Aber damals dachte man noch nicht an die vergnügungssüchtigen Städter, die aus dem Großraum Stuttgart mal geschwind einen Ausflug an einen malerischen See machen wollen. Deswegen war der See auch nicht das ganze Jahr über gestaut sondern nur über die Winterzeit. Im Frühjahr, wenn sich genug Wasser gesammelt hatte, wurden die Schleusen geöffnet und das Holz schoss zu Tal. Ganze sechs Tage dauerte das Spektakel, dann war der Ebnisee leer. Und natürlich war es nicht allein damit getan, den Schieber zu öffnen. Hätte niemand entlang des Flusses eingegriffen, dann hätte es bald einen neuen, nicht gewollten Stausee gegeben. Die Scheithölzer hätten sich mächtig ineinander verkeilt und nichts wäre mehr vorwärts gegangen - bis zum unweigerlich eintretenden Dammbruch. Um das zu verhindern, waren auf der Strecke Männer (1) abgestellt, die mit Stangen für einen reibungslosen Ablauf des Holzes zu sorgen hatten.
Der Schlittenweg
Jetzt musste im Winter das geschlagene Holz nur noch zum Ebnisee
gebracht werden. Der See selbst liegt in einer Talmulde. So
entstand beispielsweise der 26 km lange Schlittenweg von Nestelberg
bei Sulbach an der Kocher zum Ebnisee. Bis 1844 wurde der
Schlittenweg in seiner gesamten Länge benutzt. Heute kann man
ihn zum Teil im Gelände noch erwandern. Die Schlittengespanne
wurden von Pferden oder Ochsen gezogen. Damit die Tiere die Arbeit
überhaupt leisten konnten, war der Weg so ins Gelände
eingefügt, das es nur geringe Steigungen und Gefälle
gab.
Der Abstieg zum Ebnisee war für sie allerdings zu steil. Das
Holz musste über eine riesige Rutsche einer so genannten
Holzriese zu Tal befördert werden. Polternd kam es unten an,
wo es bis zum endgültigen Abtransport zwischengelagert
wurde.
Kohle und Eisenbahn machten diese Arbeit Mitte - Ende des 19.
Jahrhunderts überflüssig.